Die Natur                                   im Fokus der Fotografie

 

 

Auf meine fotografische Reise durch Mittelschweden habe ich nun schon die für Lappland typische Landschaftsformation kennengelernt und Überschwemmungsgebiet. Ein weiteres interessantes Habitat ist das Göljån-Tal. Hierbei handelt es sich um das anschauliche Zeugnis einer Naturkatastrophe, die sich dort 1997 ereignet hat. In jenem Jahr im August sind dort innerhalb von 24 Stunden bis zu 400 mm Regen gefallen, die höchste je in Schweden gemessene Niederschlagsmenge. Auf das 500-fache stiegen die Wassermassen in dieser Zeit an und bewirkten eine circa 6 m hohe Flutwelle, die in der weiteren Folge ungefähr 10.000 m² Baumbewuchs entwurzelte. Besonders betroffen war der kleine Fluss Göljån, der die aus dem angrenzenden Gebirge herabstürzenden Wassermassen verkraften musste. Die umgestürzten Bäume hat man anschließend im Tal belassen und die Regeneration der Natur einfach selbst überlassen. Ein wertvolles Biotop entstand so im Laufe der Zeit. Ich besuchte dieses Gebiet erstmals im Jahr 2015. In jenem Jahr wuchsen die ersten Birken durch das umherliegende Totholz und alles war noch recht übersichtlich. Ein kleiner Beobachtungsturm mit in diesem Gebiet ermöglicht einen sehr guten Überblick und 2015 machte ich dort eine interessante Beobachtung.

Göljån-Tal im Jahr 2015
7 juvenlie Zaunkönige im Göljån-Tal

In dem Totholz wurde ich auf einige junge Zaunkönige (Troglodytes troglodytes) aufmerksam, die dort unaufhörlich umherhüpften. Insgesamt 7 Jungvögel waren es dort an diesem Tag im Juni. Es war relativ warm an diesem Morgen, als plötzlich die Eltern dieser Vögel ihren gesamten Nachwuchs zusammenriefen. Die 7 jungen Zaunkönige versammelten sich unter einem umgestürzten Baum und kuschelten sich aneinander. Das Ganze dauerte etwa 45 Minuten; zwischendurch versorgten die Eltern die kleinen Zaunkönige mit Futter. Nach dieser Ruhephase trieb es die Jungvögel wieder in alle Richtungen auseinander.  Ich wusste zwar, dass Zaunkönige sich an kalten Wintertagen in Baumhöhlen versammeln und sich gegenseitig wärmen. Von einem derartigen Verhalten, wie ich es dort beobachtete, habe ich zuvor allerdings nie gehört oder gelesen. 

Des Weiteren konnte ich im Göljån-Tal auch Rotdrosseln (Turdus iliacus), Schwarzspechte (Dryocopus martius), Rotkehlchen (Erithacus rubecula), Seidenschwänze (Bombycilla garrulus) und Fitislaubsänger (Phylloscopus trochilus) beobachten. In der heutigen Zeit wächst das Göljån-Tal nach und nach wieder zu. Die Birken werden größer und es wird schwieriger die dort vorkommende Vogelwelt zu beobachten. 

Fitis                                                                                            Seidenschwanz                                                                     Rotdrossel

Das Göljån-Tal befindet sich im östlichen Teil des Nationalparks Fulufjället, dass noch viele weitere ornithologische Höhepunkte für den Naturfotografen bereithalten kann. 

Der Nationalpark Fulufjället umfasst den gesamten schwedischen Teil des Fulufjälls, eines Gebirges an der norwegisch-schwedischen Grenze, und Teile des angrenzenden Tieflandes. Es handelt sich um einen der größten schwedischen Nationalparks, mit beeindruckenden Habitaten. Das Gebiet erstreckt sich über 383,14 km², wovon 230,84 km² reine Wildniszone darstellen. Die höchste Erhebung stellt das so genannte Brattfjället dar, dass sich bis auf 1.042 m ü. NN erhebt. 

Njupeskär

Bekannt ist der Nationalpark vor allem wegen dem Njupeskär, der mit 93 Metern höchste Wasserfall Schwedens, der sich zwischen steilen Felswänden eindrucksvoll präsentiert. Urwalartige Täler, Sumpfgebiete, üppige Matten der Rentierflechte (Cladonia rangiferina) und die kahle Bergregion sind typische Landschaftsformen in dieser Gegend. Aber auch wegen "Old Tjikko", einer Gemeinen Fichte (Picea abies), deren Alter man auf 9.550 Jahr datiert hat und die manchmal als ältester Baum der Welt bezeichnet wird, ist dieser Nationalpark bekannt. Zentrum vom Nationalpark Fulufjället ist die Ortschaft Mörkret, wo sich auch das Besucherzentrum befindet, in dem man sich über die Tier- und Pflanzenwelt der Region informieren kann.

Vom Besucherzentrum aus führen verschiedene Wanderwege ins Fulufjäll. Sehr zu empfehlen ist der Rundwanderweg, der auf halber Strecke am Wasserfall vorbeiführt. Unterwegs gibt es die verschiedenen Landschaftsformen gratis dazu. Der Rundweg ist sehr gut ausgebaut, bietet unterwegs Gelegenheit zur Rast und ermöglicht die eine oder andere Beobachtung ornithologischer Besonderheiten. Beispielsweise kommt die Ringdrossel (Turdus torquatur) hier als Brutvogel vor; Bergfinken (Fringilla montifringilla) zählen ebenfalls zu den Vogelarten, die im Fulufjäll ihr Brutrevier finden. Viele Ornithologen aber auch Vogelfotografen zieht es aber wegen einer ganz anderen Vogelart in diesen Nationalpark. Es sind die Unglückshäher (Perisorius infaustus), die hier mit etwas Glück im wahrsten Sinne des Wortes "hautnah" erlebt werden können. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie ich das erste Mal bewusst nach diesen Vögeln gesucht habe. Am Vorabend sendete das schwedische Fernsehen eine Naturdokumentation aus dem Norden Lapplands. Darin war dann auch eine Szene zu sehen, in der Biologen die Unglückshäher anlockten, indem sie ihre Wanderstöcke taktvoll gegeneinander klopften. Die Vögel kamen nach kurzer Zeit und wurden dann mit Falukorv, einer speziellen Wurstsorte Schwedens, gefüttert. Die kleinen Wurststücke nahmen die Vögel aus der Hand, sie landeten auf den Köpfen der Biologen und bereiteten ihnen sichtlich Spaß. Solche Szenen wollte ich natürlich auch erleben und so ging es darauffolgenden Tag gezielt ins Fulufjäll, schließlich ist der Unglückshäher als Symboltier im Logo des Nationalparks zu sehen. Die erste Bemühungen blieben erfolglos und die Falukorv habe ich allein mit meiner Lebensgefährtin gegessen, die mich übrigens immer auf all meinen Reisen begleitet. 

Unglückshäher

Am nächsten Tag ein neuer Versuch, und wir waren nicht allein auf der Suche nach den Unglückshähern! In der Nähe des Besucherzentrums saß, mit Blick geradeaus und ohne sich zu rühren, ein Schwede. In der ausgestreckten Hand hielt er mehr als eine Stunde lang die bereits erwähnte Falukorv; etwa 5 Meter von ihm entfernt hielten sich seine Kinder auf, die mit Kameras bewaffnet den ersehnten Augenblick schließlich im Bild festhalten sollten. Wir machten es uns in der Zwischenzeit in dem angrenzenden Restaurant gemütlich und beobachteten von dort den geduldigen Schweden. Und tatsächlich, plötzlich kamen einige Unglückshäher und holten sich die beliebte Wurst direkt aus der Hand des Wartenden. Mich hielt es nicht mehr länger am Mittagstisch und auch ich begann zu fotografieren. Die Unglückshäher flogen mir auf die Kamera, auf meinen Kopf und zeigten absolut keine Scheu gegenüber dem Menschen. Es war ein tolles Erlebnis. Ein Jahr später habe ich 2 Unglückshäher auch direkt neben dem Rundwanderweg zum Njupeskär fotografieren können; dort erwiesen sich diese Tiere auch ohne die beliebte Wurst als äußerst zutraulich. 

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