Die Natur                                   im Fokus der Fotografie

 

Das Grauköpfchen Agapornus canus (Gmelin, 1788)

 

Grauköpfchen haben erst in den zurückliegenden 4,5 Jahren meine Aufmerksamkeit erlangt. Ich hielt zwar schon einige Jahre zuvor afrikanische Papageienvögel, was sich allerdings auf die größeren Arten wie Kongo-Graupapageien (Psittacus erithacus), Kleine Vasapapageien (Coracopsis nigra) und Braunkopfpapageien (Poicephalus cryptoxanthus) sowie bei den kleineren Vertretern auf Rosenköpfchen (Agapornis roseicollis), Pfirsichköpfchen (A. fischeri), Erdbeerköpfchen (A. lilianae) und Rußköpfchen (A. nigrigenis) beschränkte. Von den Grauköpfchen wurde mir immer wieder berichtet, dass diese Spezies nicht einfach zu halten und vermehren sei. Des Weiteren sollte auch die Anschaffung wirklich blutsfremder Paare eine nicht zu unterschätzende Herausforderung darstellen. Im Jahr 2011 war es dann soweit und das erste Paar Grauköpfchen hielt Einzug in eine meiner Zuchtvolieren. In der weiteren Folge stellte sich sehr schnell heraus, dass diese Vögel äußerst angenehme Pfleglinge sind und auch die Vermehrung recht gut gelingt, ja manchmal sogar unter absonderlichen Bedingungen stattfinden kann. Aber der Reihe nach.


Allgemeines zum Grauköpfchen

Im Jahr 1860 sind die ersten Grauköpfchen in den Zoologischen Garten London gelangt. Bis zum Jahr 1872 waren diese kleinen Papageien dann äußerst selten im Handel zu bekommen; gezeigt wurden die Vögel bis dahin nur vereinzelt in zoologischen Gärten, dann meist in paarweisen Haltungen oder als kleine Gruppe. Danach wurden Grauköpfchen jedoch vermehrt nach Europa gebracht, so soll Hagenbeck in Hamburg binnen kurzer Zeit mehr als 1.000 Paare auf den Markt gebracht haben. Die Preise für diese Art fielen aufgrund derartiger Importzahlen bald, zumal auch die ersten Nachzuchten für eine zunehmende Präsenz dieser Papageien auf dem Vogelmarkt sorgten. In Deutschland gelang Karl Ruß 1872 die Erstzucht, der in seinen Publikationen durch vorangegangene Beobachtungen bereits sehr ausführliche Ausführungen zur Haltung und Vermehrung dieser Vögel machen konnte.

Grauköpfchen zählen zu den scheuen Vertretern innerhalb der Gattung Agapornis, den Unzertrennlichen, wie diese Vögel auch genannt werden. Mitunter ist genau in diesem ängstliche Verhalten auch die Ursache für misslungene Vermehrungserfolge zu suchen. Mit anderen Vogelarten können Grauköpfchen auch während der Fortpflanzungszeit vergesellschaftet werden, allerdings sollte man immer auch auf die Verträglichkeit der anderen Pfleglinge achten. Selbst eine Gruppe Grauköpfchen kann in ausreichend groß dimensionierten Unterkünften gemeinsam gehalten werden, ohne dass die Vögel sich gegenseitig beim Brutgeschäft stören; dabei müssen die Haltungsformen jedoch nicht unbedingt solche Dimensionen annehmen, wie im Zoo Zürich. Hier kann man in der etwa 11.000 m² Grundfläche messenden Masoala-Halle einen größeren Schwarm dieser Papageien in einem wirklich naturnahen Umfeld bewundern. Die sehr gut bewachsene Tropenhalle ist 120 m lang, 90 m breit und bis zu 30 m hoch.


Sehr von Vorteil für die Paarzusammenstellung ist der bei dieser Spezies vorhandene Geschlechtsdimorphismus, der Männchen und Weibchen sehr leicht unterscheidbar macht. Grauköpfchen gehören heute zwar zu den erschwinglichen Vogelarten, jedoch gehören diese Vögel nicht gerade zu den häufig gehaltenen Arten in Menschenobhut.


Erstbeschreibung und systematische Stellung über die Jahre

1760 hat der französische Zoologe und Naturphilosoph Mathurin-Jacques Brisson (*30. April 1723 in Fontenay-le-Comte; † 23. Juni 1806 in Croissy-sur-Seine bei Paris) die Art in seinem sechsbändigen Werk Ornithologia, nach einem Exemplar bei Poivre, erstmalig beschrieben und abgebildet. Einzug in die Systematik hielt das Grauköpfchen dann aber erst durch die Beschreibung des deutschen Naturwissenschaftlers Johann Friedrich Gmelin (* 8. August 1748 in Tübingen; † 1. November 1804 in Göttingen)  im Jahr 1788 in seiner veröffentlichten erweiterten Ausgabe von Carl von Linnés Systema Naturae. Zu jener Zeit wurde das Grauköpfchen noch unter der wissenschaftlichen Bezeichnung Psittacus canus geführt, wobei der Gattungsname Psittacus damals für alle bekannten Papageienvögel Verwendung fand. Im Laufe der Jahre wurde die systematische Stellung des Grauköpfchens in der Avifauna mehrmals überarbeitet. Der Papageienkenner Friedrich Hermann Otto Finsch (*8. August 1839 in Warmbrunn, Schlesien; †31. Januar 1917 in Braunschweig)  führte die Art in seiner Monographie Die Papageien im Jahr 1868 noch unter der Bezeichnung Psittacula cana und erkannte zu dieser Zeit noch nicht, dass die Geschlechter bei den Grauköpfchen in unterschiedlicher Färbung auftreten. Karl Friedrich Otto Ruß (* 14. Januar 1833 in Baldenburg; † 29. September 1899 in Berlin) wies dies mit seinen Bruterfolgen nach und publizierte es in der Gefiederten Welt beziehungsweise in seiner Veröffentlichung Die fremdländischen Stubenvögel im Jahr 1881; er führte das Grauköpfchen wieder unter der alten Bezeichnung Psittacus canus. Aus taxonomischer Sicht muss für die nachfolgende Zeit im deutschsprachigen Raum unbedingt auch Anton Reichenow (* 1. August 1847 in Charlottenburg; † 6. Juli 1941 in Hamburg) genannt werden, der das Grauköpfchen in seinem 1913 erschienenen Werk Die Vögel unter der Bezeichnung Agapornis canus auflistete.

In der moderneren Systematik findet international mehr und mehr das Handbook of the Birds of the World, insbesondere aber die 2014 erschienene HBW and BirdLife International Illustrated Checklist of the Birds of the World, welches als Ergänzungswerk des zuvor genannten Werks zu verstehen ist, Anwendung. Hier wird das Grauköpfchen zwischen den Fledermauspapageien der Gattung Loricullus aus dem südostasiatischem Raum und der auf dem australischen Festland verbreiteten Gattung Polytelis (Prachtsittiche) eingeordnet. Das Grauköpfchen wird in diesem Werk als älteste Form innerhalb der Gattung Agapornis angesehen.

Neben der Nominatform A. c. canus wird heutzutage eine zweite Unterart anerkannt, die unter der wissenschaftlichen Bezeichnung A. c. ablectaneus (Bangs, 1918) Einzug in die Systematik hielt. Der US-amerikanische Ornithologe Outram Bangs (* 12. Januar 1863 in Watertown; † 22. September 1932 in East Wareham) beschrieb diese Subspezies im Bulletin of the Museum for Comparative Zoology.


Beschreibung

Grauköpfchen weisen eine Gesamtlänge von 13 bis 14 cm auf, bei einem Gewicht zwischen 26 und 32 g.

Die Grundgefiederfärbung des Grauköpfchens ist grün. Kopf, Hals und der obere Brustbereich sind beim Männchen perlgrau gefärbt. Unterbrust, Flanken, Bauch und Unterschwanzdecken sind hellgrün. Ein dunkleres Grün ist auf dem Rücken und den Oberschwanzdecken vorhanden. Die Unterflügeldecken sind schwarz. Die Schwungfedern sind dunkelgrau und weisen an den Außenfahnen eine gelblich grüne Färbung auf. Der Flügelrand ist grau. Die Schwanzfedern sind gelblich grün gefärbt. Die mittleren Schwanzfedern weisen eine schwarze Spitze auf; die äußeren besitzen eine gelblich grüne Basis, eine sich daran anschließende schwarze Binde und eine wiederum gelblich grüne Schwanzspitze.

Die Weibchen zeigen eine dem Männchen ähnlich gefärbte Grundgefiederfärbung. Anstelle der perlgrauen Gefiederregionen von Kopf, Hals und Oberbrust weisen die weiblichen Tiere an Stirn, Scheitel, Wangen und Kinn eher eine gräulich grüne Färbung auf. Die Oberbrust weist bei ihnen eine mehr hellgrüne Färbung auf; die Unterflügeldecken sind bei den Weibchen ebenfalls hellgrün.

Der Schnabel ist bei beiden Geschlechtern weißgrau und die nackte Wachshaut an der Schnabelbasis sowie die Füße sind gräulich. Die Krallen sind etwas dunkler grau. Die Augen sind dunkel und zeigen bei den adulten Tieren eine helle Iris.

Junge Grauköpfchen ähneln im Aussehen noch sehr oft den Weibchen; der Schnabel ist jedoch noch gelblich braun und besitzt eine dunkle Basisfärbung. Mitunter zeigen junge Männchen bereits eine deutlich erkennbare graugrün gescheckte Brustfärbung, manchmal aber auch bereits mattgraue Färbungen an Kopf, Hals und Oberbrust. Im Alter von 4 bis 5 Monaten ist die Jugendmauser abgeschlossen und dann sind auch die Geschlechter der Jungvögel zweifelsfrei voneinander zu unterscheiden.

Die Subspezies A. c. ablectaneus unterscheidet sich von der Nominatform durch intensivere Graufärbung und einer eher blaugrünen Grundgefiederfarbe. An den Sammlungsstücken in den naturhistorischen Museen ist dieser Unterschied im direkten Vergleich der Unterarten sehr gut erkennbar.


Verbreitung, Lebensraum und Biologie im Freiland

  • A. c. canus (Gmelin, 1788): Ost- und Nordwest-Madagaskar
  • A. c. ablectaneus (Bangs, 1918): Südwest-Madagaskar

An den Randgebieten der jeweiligen Verbreitungsgrenzen werden Mischpopulationen vermutet, was bei Parapatrie keine Ausnahme darstellt. In der Vergangenheit versuchte man Grauköpfchen in verschiedenen Gegenden außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes anzusiedeln. Daraus hervorgegangen existieren deshalb auch noch kleinere Bestände auf den Komoren, Mayotte, Réunion und den Amiranten.

Grauköpfchen bewohnen in ihren Heimatgebieten vornehmlich küstennahe Habitate und sind dort bis in Höhenlagen von 1.500 m ü. NN anzutreffen, eher aber in niedriger gelegenen Regionen. Gelegentlich stößt man auch auf umliegende Inseln nahe Madagaskars auf diese kleinen Papageien.

Als Lebensraum werden von den Grauköpfchen mit Bäumen und Büschen bewachsene Graslandvegetationen bevorzugt. So sind dies die trockenen Dorn- und Grassavannen, die mit Madagaskarpalmen (Pachypodium lamerei), Afrikanischem Baobab (Andansonia digitata) und der dort typischen Sukkulenten-Vielfalt durchsetzt sind. Aber auch in lockeren Waldbeständen oder an Waldrändern sind diese Vögel anzutreffen; häufig kann man sie auch auf Straßen beobachten.

In all diesen Habitaten finden die Grauköpfchen ganzjährig ihre Nahrung, so dass nahrungsbedingte Wanderungen ausbleiben. Unterschiedliche Grassamen und auch Wildfrüchte sind im ausreichenden Maße vorhanden. Gelegentlich suchen Grauköpfchen aber auch landwirtschaftliche Kulturflächen auf, um sich beispielsweise in Reispflanzungen und auf Mangoplantagen weitere Nahrungsquellen zu erschließen. In letztgenannten landwirtschaftlichen Anbauflächen fallen die Grauköpfchen dann auch schon mal in Schwärmen ein, was den Ärger der einheimischen Bevölkerung nach sich zieht. Dichte immergrüne Wälder werden von diesen Papageienvögeln in der Regel gemieden.

Zur Nahrungsaufnahme suchen Grauköpfchen in den meisten Fällen den Boden auf, wobei aber Grassamen oder Früchte auch direkt an den jeweiligen Pflanzen aufgenommen werden. Auch zum Trocknen ausgelegter Reis findet bei ihnen Beachtung.

Zur Brut schreiten die Grauköpfchen in ihrer Heimat zwischen November und April. Nach der Paarfindung sondern sich diese von den ansonsten kleineren Schwärmen ab; sie ziehen sich zurück, um eine geeignete Bruthöhle für die spätere Eiablage zu finden. Meist handelt es sich um Höhlen in abgestorbenen Bäumen. Einige Tage lang wird die infrage kommende Nisthöhle dann von beiden Paarpartnern inspiziert; erste Kopulationen finden nun statt und das Weibchen beginnt mit dem Eintragen von Nistmaterial in die ausgewählte Bruthöhle. Grasteile, Bestandteile von Blättern und Rinde fixiert das Weibchen im Rückengefieder und trägt das Material auf diese Weise in die Höhle. Viel Nistmaterial wird auch im Freiland nicht durch die Grauköpfchen in die Bruthöhle geschaffen, oftmals befindet sich in den Höhlen nur eine dünne Schicht davon.

3 bis 6 Eier legt das Weibchen und bebrütet diese in der weiteren Folge allein. Informationen über die Brutdauer und die Zeit der Jungenaufzucht liegen dem Autor aus der Heimat dieser Vögel nicht vor.


Status und Bedrohung im Freiland

Gegenwärtig wird das Grauköpfchen in seiner Heimat Madagaskar als häufig vorkommend eingestuft; als eher ungewöhnlich wird eine scheinbare Bestandsabnahme im östlichen Madagaskar angesehen, wo die Spezies früher ebenfalls häufig vorkam. Die Ursache für diesen Populationsrückgang sind weitestgehend unbekannt. Immer wieder zahlenmäßig häufig nachgewiesen wurden Individuen dieser Art jedoch in 25 Schutzgebieten in anderen Gebieten auf der Insel. Verlässliche Bestandszählungen sind beim Grauköpfchen jedoch in der zurückliegenden Zeit nicht vorgenommen worden, so dass Bestandszahlen derzeit leider nicht vorliegen. Von der International Union for Conservation of Nature (IUCN) wird der Gesamtbestand momentan als nicht gefährdet (= least concern) eingestuft und besondere Schutzmaßnahmen zum Erhalt der Art werden nicht angeregt. Seit 1981 ist das Grauköpfchen im CITES-Anhang II gelistet.

Als wesentliche Gründe für eine Bestandsbedrohung können in der Gegenwart die Verfolgung der Spezies als Ernteschädling und auch der Fang für den Vogelhandel angesehen werden. Allein von 1981 bis 2013 wurden laut CITES so insgesamt 111.273 lebende Grauköpfchen in CITES-Mitgliedstaaten eingeführt, in den letzten Jahren hat sich der Handel aufgrund des EU-Importverbots allerdings deutlich erkennbar verringert.

Situation in Menschenhand

Die Bestandsentwicklung von sonst wildlebenden Vogelarten in Menschenobhut lässt sich anhand des Angebots in den Vogelmärkten des Internets, der Fachzeitschriften und auf den Vogelbörsen grob einschätzen. Aber auch die Nachzuchtstatistiken von Vogelzuchtverbänden können als mögliche Informationsquelle genutzt werden. Nachzuchtstatistiken stellen leider nur Zahlenangaben dar, die von etwa 10 Prozent der jeweiligen Gesamtmitgliedschaft an den Erfassenden geliefert werden. Da Grauköpfchen der Meldepflicht bei den Artenschutzbehörden der Länder unterliegen, könnte man leicht annehmen, dass von dort auswertbare Zahlen ermittelbar wären. Leider ist auch dies nicht der Fall, denn  die Durchsetzung der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) wird in einigen Bundesländern in zentralen Stellen erledigt und in wieder anderen Bundesländern wird diese Aufgabe an nachgeordnete Stellen in den Landkreisen abgegeben. Das Bedauerliche dabei ist nur, dass zwischen den einzelnen Bundesländern keine Vernetzung dieser Daten erfolgt, was für die bundesweite Durchsetzung des Artenschutzes denkbar ungünstig ist. Demzufolge sind auf "Knopfdruck" auch keine aktuellen Bestandszahlen von dieser Spezies zu erhalten. Hinzu kommt aber auch, dass lange nicht alle Halter von Grauköpfchen ihren Bestand auch an die für sie zuständige Artenschutzbehörde melden. Wie viele Grauköpfchen sich tatsächlich in Menschenhand befinden, ist somit nicht eindeutig nachzuweisen.

Das Importgeschehen der Bundesrepublik Deutschland lässt sich erst ab 1984 statistisch nachvollziehen; ab diesem Zeitraum veröffentlicht das Bundesamt für Naturschutz (BfN) alljährlich ihre WA-Jahresstatistik. So sind zwischen 1984 und 2014 insgesamt 3.795 Grauköpfchen legal in den bundesdeutschen Handel gelangt; der letzte legale Import dieser Spezies erfolgte allerdings im Jahr 2001.

In der AZ-Nachzuchtstatistik der Jahre 2000 bis 2015 wurde von einem Bruchteil der Mitglieder insgesamt 1.898 gezüchtete Grauköpfchen der Nominatform und 20 Nachzuchten der Subspezies A. c. ablectaneus gemeldet. In der VZE kam es nur in den Jahren 2000, 2002 und 2008 zu derartigen Erfassungen, die der Autor dieses Berichts dort selbst durchführte. Hier wurden in diesen Jahren insgesamt 12 nachgezogene Grauköpfchen gemeldet. In dem EPPAS-Projekt der Gesellschaft für Arterhaltende Vogelzucht e.V. (GAV) wurden in der Zeit von 2009 bis 2015 insgesamt 43 nachgezogene Grauköpfchen gemeldet, hier aber wieder auf europäischer Ebene.

Es ist sehr schwierig eine eindeutige Aussage über die Verbreitung der Grauköpfchen in Menschenhand zu treffen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kann aber behauptet werden, dass das Grauköpfchen, gleich nach dem Orangeköpfchen (A. pullarius) und neben dem Taranta-Bergpapagei (A. taranta), die Rangliste der seltenen Agapornidenarten in Menschenobhut anführt. Inwieweit sich die Existenz der mitunter als A. c. ablectaneus gehandelten Grauköpfchen als sichere Angehörige ihrer Subspezies beweisen lässt, sei zunächst einmal dahingestellt. In den meisten Fällen nehmen die jeweiligen Züchter die Unterartzuordnung nach dem äußeren Erscheinungsbild ihrer Vögel vor und demnach sind das hellere Grau sowie die mehr blaugrüne Grundgefiederfarbe Anzeichen für die Zugehörigkeit zur Subspezies A. c. ablectaneus, ungeachtet dessen woher die jeweiligen Vorfahren solcher Tiere wirklich stammen.


Haltung

Meine 2 Paare Grauköpfchen bewohnen bei mir eine kombinierte Innen-/Außenvoliere. Der Außenbereich grenzt unmittelbar an dem Schutzhaus an und hat die Maße 3 m Länge, 1,5 Breite und 2 m Höhe. Die Innenvoliere misst 2 m Länge, 1,5 m Breite und 2 m Höhe. Beide Paare sind während der kalten Jahreszeit direkt nebeneinander untergebracht; im Frühjahr zieht ein Paar dann in eine andere Unterkunft.

Die Außenvoliere ist aus gehobelten, unbehandelten Kanthölzern errichtet worden; die Konstruktion ist von außen mit Volierendraht bespannt. Die Grauköpfchen zählen nicht zu den Papageienart, die Holzteile in einem großen Maße benagen, so dass die Holzkonstruktion kaum Schaden nehmen wird. Der Zugang zur Innenvoliere erfolgt für die Vögel über ein Flugloch, dass zumindest in der Winterzeit mit Einbruch der Dunkelheit verschlossen wird. Als Innenvoliere habe ich ein im Baumarkt erhältliches Gartenhaus umgebaut. Innen wurde Dämmmaterial in einer Stärke von 5 cm befestigt, dass mit OSB-Platten verkleidet wurde. Der Fußboden ist auf gleiche Weise gedämmt worden und zusätzlich mit Fliesen verkleidet. Durch die seitlichen Fenster dringt ausreichend Tageslicht in die Innenvoliere. Mit Einbruch der Dunkelheit sorgt zusätzlich eine künstliche Lichtquelle für eine Tageslichtzeitverlängerung im Innenbereich; die Beleuchtung ist dort über Zeitschaltuhren gesteuert. Die Beheizung der Innenvoliere erfolgt in der kalten Jahreszeit über eine Infrarotheizung mit Thermostat.

Der Innenraum bietet zudem Platz für die Futter- und Trinknäpfe sowie die Nistmöglichkeiten. Des Weiteren befinden sich darin ausreichend viele Sitzmöglichkeiten, so  auch in der Außenvoliere. 

Auf Haltungsempfehlungen möchte ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen, da zumeist unterschiedliche Gegebenheiten die Vielzahl der wählbaren Varianten beeinflussen. Im Wesentlichen sind es die finanziellen Voraussetzungen und auch der vorhandene Platz beim Besitzer, der die Unterbringungsvariante solcher Vögel wie die Grauköpfchen beeinflussen. Den Tieren sollte aber immer der größtmöglich zur Verfügung stehende Platz geboten werden.


Ernährung

Die Ernährung von Grauköpfchen in Menschenhand stellt den Besitzer dieser Vögel vor keine allzu großen Schwierigkeiten. Hin und wieder wird im Bezug auf die Haltung von Wildtieren von einer "artgerechten Ernährung" gesprochen. Um Wildtiere aber artgerecht ernähren zu können, müsste man genau die gleiche Nahrungsauswahl zur Verfügung stellen, die ihnen unter besten Voraussetzungen in der Natur zur Verfügung stehen. Diesen Idealfall werden wir in keinster Weise realisieren können und darum stellt auch die Ernährung exotischer Vögel hier in Europa immer nur eine Ersatzvariante des für den Vogel sonst "Normalen" dar. Beabsichtigt man Grauköpfchen in unseren Breitengraden vorbildlich zu ernähren, dann sollte man besser von einer bedarfsgerechten Ernährung sprechen. Die unterschiedlichen Nahrungskomponente sind eine qualitativ hochwertige Samenmischung, eine ebensolche Keimfuttermischung, Obst, Gemüse, Grünfutter, Aufzuchtfutter, Mineralien und Vitaminzusätze.

Als Samenmischung für meine Agaporniden verwende ich seit vielen Jahren den "African Parakeet Loro Parque Mix" von der Firma Versele Laga. Bezüglich der Zusammensetzung und Qualität habe ich in der Vergangenheit mit diesem Futter im die besten Erfahrungen gemacht. Zwar werden auf Anhieb nicht alle Bestandteile dieser Körnermischung gefressen, mit der Zeit vergrößert sich aber die Auswahl auch bei den Grauköpfchen. Diese von mir verwendete Mischung setzt sich aus Plata Hirse, Kanariensaat, Silberhirse, Haferkerne, Japan Hirse, Kardisaat, Buchweizen, Paddy Reis, Hafer, Hanfsaat, Leinsamen, Austernschalen und VAM Körnchen zusammen. Die VAM-Körner ("VAM" steht für Vitamine, Aminosäure und Mineralstoffe) sind eine Ergänzung dieses Futters. Des Weiteren ist diese Mischung noch angereichert mit Vitamin K, B1, B2, B6, B12, C, PP, Foliumsäure, Biotin und Cholin; den Mineralien Natrium, Magnesium und Kalium sowie den Spurenelementen Eisen, Mangan, Zink, Jod und Selen.

Ein Keimfutter biete ich meinen Grauköpfchen vor und während der Fortpflanzungsperiode täglich an. Bei der Herstellung dieses Futters muss unbedingt auf die Futterqualität geachtet werden. Durch die Feuchtigkeit, die diesem Futter zugeführt wird, beginnen die einzelnen Samen zwar zu keimen aber auch schnell zu verderben. Darum sollte die tägliche Ration auch so gewählt werden, dass sie binnen kürzester Zeit (bei mir 1 bis 4 Stunden) von den Vögeln gefressen wird. Die Keimfuttermischung besteht bei mir aus verschiedenen Hirsesorten, Kanariensaat, Paddy Reis und Leinsamen.

Obst und Gemüse sollte bei der täglichen Versorgung der Grauköpfchen nicht fehlen. Hier muss ich aber sagen, dass meine Vögel etwas wählerisch sind und einige Sorten lange Zeit verschmäht werden. Um herauszufinden, welche Vorliebe für einzelne Früchte oder Gemüsesorten die Grauköpfchen gerade entwickeln, muss das Angebot darum gelegentlich verändert werden. 

Als ein ebenfalls wichtiges Nahrungsbestandteil sehe ich persönlich das Angebot von Grünfutter an. Im eigenen Garten können verschiedene Salate angebaut werden, aber auch in der Natur findet sich eine große Vielfalt an Wildkräuter und Grassamen. Des Weiteren werden die Blätter der Vogelmiere oder des Löwenzahns ebenfalls sehr gern von den hier beschriebenen Papageien verzehrt. Obwohl Grauköpfchen lange nicht so nagefreudig sind wie einige andere Arten der Gattung Agapornis, sollte man ihnen gelegentlich auch Zweige von Obstbäumen oder Weide zur Verfügung stellen. Die Rinde dieser Zweige wird auch von den Grauköpfchen mitunter sehr gern benagt, insbesondere aber deren Blattknospen verzehrt.

Ein Aufzuchtfutter steht meinen Grauköpfchen vor und während der Fortpflanzungsperiode immer zur Verfügung. Zwar stellen einige Züchter ein solches Futter immer noch nach teils geheimen, altbewährten Rezepten her, aber auch der Fachhandel bietet seit einigen Jahrzehnten Aufzuchtfutter in unterschiedlichen Zusammensetzungen an. Ich nutze für meine Vögel ebenfalls ein solches Fertigprodukt und reichere dieses mit geriebener Möhre oder auch Eigelb an. 

Das Angebot an Mineralien beschränkt sich bei mir auf das ständige Angebot von Grit, Futterkalk, Kalksteine und Sepiaschale. Der Futterkalk wird nicht ohne Weiteres von den Grauköpfchen direkt aufgenommen. Ich gebe darum immer Futterkalk in geringer Menge in das Keimfutter oder auf die Obst- und Gemüsegaben. Ähnlich verfahre ich auch mit den Vitaminzusätzen, die aber meines Erachtens bei einer vielseitigen Ernährung auch durchaus vernachlässigt werden können.


Vermehrung

Obwohl das Grauköpfchen, im Vergleich zu den meisten anderen Angehörigen seiner Gattung, nicht gerade als leicht vermehrbar gilt, sind mir in der Vergangenheit einzelne Zuchterfolge gelungen. Darunter auch eine Besonderheit, die von der Dominanz dieser Vögel zeugt.

Zu Vermehrungszwecken habe ich meine Grauköpfchen bislang immer paarweise untergebracht; untereinander erwiesen sich die Vögel auf kleinerem Raum zur Fortpflanzungszeit stets etwas aggressiv. Außerhalb der Brutperiode konnten die Grauköpfchen wiederum in einer Gruppe überwintert werden. Ein Paar wird bei mir über den Zeitraum von April bis Mitte September immer in einer Freivoliere untergebracht, die zur Hälfte überdacht und an drei Seiten geschlossen ist. Die Wand in der Voliere ist in der Senkrechten nur halb vorhanden. So bietet diese Unterkunft bei frostfreien Nächten auch im Freien genügend Schutz für die dort untergebrachten Grauköpfchen. Die gesamte Unterkunft hat eine Länge von 4 m sowie eine Höhe und Breite von jeweils 2 m. Das andere Paar bleibt in der weiter oben beschriebenen Voliere.

Als Nistgelegenheit bekommen meine Grauköpfchen jeweils eine Naturstammnisthöhle mit einem Innendurchmesser von 13 cm und einer Höhe von 32 cm. Das Flugloch besitzt dabei einen Durchmesser von 5 cm. Als Nistmaterial biete ich meinen Grauköpfchen Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus) an, aber auch die Zweige von Weiden und Obstbäumen. Bisher habe ich aber nur die Weibchen dabei beobachten können, wie sie Teile vom Kirschlorbeer und vom als Grünfutter bereitgestellten Löwenzahns in ihrem Rücken- und Bürzelgefieder in das Innere der Bruthöhle trugen. Im Vergleich zu den Gattungsverwandten mit den weißen Augenringen und dem Rosenköpfchen tragen Grauköpfchen jedoch verhältnismäßig wenig Nistmaterial in die Bruthöhle ein. Oft habe ich erlebt, dass gerade einmal der Höhlenboden mit zernagten Pflanzenteilen bedeckt war, obwohl täglich ausreichend viel Kirschlorbeer als Nistmaterial von mir angeboten worden ist, manchmal maß die Schicht aber auch eine Höhe von ca. 2 cm. 

Während der Nestbauaktivitäten sind mit etwas Glück auch einzelne Kopulationen der Paarpartner zu beobachten. Diese erfolgten bei mir sehr wahrscheinlich immer außerhalb der Bruthöhle, da ich die Männchen vor und während der Inkubationsphase, aber auch in den ersten Lebenswochen der Jungvögel, nie in der Bruthöhle angetroffen habe. 

Etwa 3 Wochen nach der ersten Inspektion der Nisthöhle durch das Weibchen kann mit der Eiablage gerechnet werden. Ein Grauköpfchen-Gelege  besteht aus 3 bis 6 Eiern. Das Weibchen brütet allein über einen Zeitraum von 21 bis 23 Tagen. Während dieser Zeit haben sich meine Weibchen als unempfindlich gegenüber Nisthöhlenkontrollen erwiesen. Im Gegensatz zu ihrem sonst eher scheuen Verhalten wirkten die Weibchen in der Höhle stets sehr ruhig; sie gingen langsam von dem Gelege und drückten ihren Körper an die Innenwand der Bruthöhle. Auf diese Weise erhielt ich immer wieder einen ungestörten Blick auf die Eier bzw. später auch auf die Jungvögel. 

Wenn die Jungvögel etwa 17 bis 20 Tage alt sind, begibt sich auch das Männchen in das Innere der Höhle, um direkt Futter an den Nachwuchs zu übergeben. Zuvor wurden von den männlichen Alttieren immer nur die Weibchen mit Nahrung versorgt, die es dann an die jungen Grauköpfchen weitergaben. Die Nestlingszeit beträgt zwischen 35 und 40 Tagen. Nach dem Ausfliegen benötigen die Jungvögel noch etwa 2 Wochen, bis sie als selbstständig angesehen werden können. Bei einer erneuten Brut sollten die Jungvögel dann aber aus der Zuchtvoliere genommen werden. 

Im Jahr 2012 beobachtete ich bei meinem ersten Paar Grauköpfchen ein wohl nicht alltägliches Verhalten. Ich hatte dieses Paar zur Überwinterung bereits im vorangegangenen Jahr mit einem Paar Balistare (Leucopsar rothshildi) vergesellschaftet. Beide Paare erwiesen sich über die Wintermonate als sehr friedfertig zueinander, so dass ich den Versuch startete die Vögel auch zu Beginn der Fortpflanzungsperiode in dieser Konstellation zu belassen. Das Grauköpfchen-Paar erhielt eine der oben beschriebenen Naturstammnisthöhlen und das Paar Balistare eine etwas größere Ausführung (Innendurchmesser: 23 cm, Höhe: 45 cm, Schlupflochdurchmesser: 8 cm). Die Balistare begannen sofort das bereitgestellte Nistmaterial einzutragen, was ich sehr gut über die eingebaute Infrarotkamera beobachten konnte. Jedoch wurde dieses Verhalten nur 3 Tage fortgesetzt. Ab diesem Zeitpunkt übernahm das Grauköpfchen-Weibchen die Nisthöhle der Balistare und ließ keinen der wesentlich größeren Starenvögel mehr in das Innere der Höhle. Aus einem später gezeitigten Gelege, welches sich aus 4 Eiern zusammensetzte, schlüpften 2 junge Grauköpfchen. Der Nachwuchs wurde ohne Probleme aufgezogen und die Balistare zeigten im Jahr 2012 keinerlei Interesse mehr daran sich zu vermehren. Das Grauköpfchen-Paar begann eine zweite Brut in der Nisthöhle der Balistare und zog dann 3 Jungvögel auf.

Bei all meinen Nachzuchten konnte ich die Geschlechter der Jungvögel bereits anhand des Jugendgefieders erkennen. Die Männchen zeigten stets ein noch dunkles Grau am Oberkopf und den Kopfseiten.  
 


Jörg Asmus, Kalmar (Schweden)


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