Die Natur                                   im Fokus der Fotografie

 

Der Madagaskarweber Foudia madagascariensis (Linné, 1766)

Der Madagaskarweber ist bei europäischen Vogelhaltern noch relativ häufig anzutreffen; in seiner Heimat auf Madagaskar ist dieser Weber sogar der häufigste unter den dort vorkommenden Vogelarten. Bekannt ist der Madagaskarweber schon längere Zeit. Der berühmte schwedische Naturforscher und Begründer der binären Nomenklatur Carl von Linné (* 23. Mai 1707 in Råshult bei Älmhult; † 10. Januar 1778 in Uppsala) beschrieb diesen Weber erstmals in seinem bekannten Werk Systema Naturae im Jahr 1766. Zu dieser Zeit war die Haltung von Webervögeln jedoch noch nicht so populär wie in der heutigen Zeit; es waren damals eher die farbenprächtigen sprechenden Papageienvögel, die die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zogen.

Interessant ist bei diesen Vögeln die als Prachtkleid kontrastreiche Färbung der Männchen und das Verhalten dieser Tiere, obwohl die Madagaskarweber nicht das markante Nestbauverhalten zeigen wie ihre Verwandten auf dem afrikanischen Festland. In der Voliere bieten aber auch diese Weber dem Vogelliebhaber ein äußerst interessantes Beobachtungsfeld. Ich halte ein Paar dieser Weberart bereits seit einigen Jahren, aber leider ist mir erst im Jahr 2013 eine erste erfolgreiche Nachzucht gelungen. Nachfolgend möchte ich den Madagaskarweber etwas näher vorstellen und auch über meine eigenen Erfahrungen berichten.


Beschreibung

Der Madagaskarweber ist circa 14 cm groß. Außerhalb der Brutzeit sind beide Geschlechter nur an geringfügigen Merkmalen voneinander zu unterscheiden. Die Grundgefiederfärbung ist olivbraun, wobei der Rücken und die Flügel gestreift sind. Es existiert ein beigefarbener Überaugenstreif. Während der Brutzeit tragen die Männchen ein orangerötliches Prachtkleid, die Zügel sind schwarz gefärbt. Der Rücken, die Flügel und der Schwanz sind schwarzbraun; die Federn in diesen Bereichen weisen bräunliche Säumungen auf. Der Schnabel der Männchen ist schwarz, der des Weibchens hornfarben gefärbt. Jungvögel gleichen in ihrem Aussehen dem Weibchen.


Heimat und Lebensweise

Der Madagaskarweber ist auf Madagaskar und den umliegenden Inseln heimisch. Hier lebt er in den Bergregionen in Höhenlagen von bis zu 2.450 m ü. NN. Dichte Wälder meidet dieser Webervogel. Dieser Umstand führte in den letzten Jahren beim Madagaskarweber zu einer regelrechten Populationsexplosion auf der madagassischen Insel, denn durch den Raubbau an der Natur sind dort nur noch sehr wenige geschlossene Waldgebiete vorhanden und eher savannenartige Landschaftsformen entstanden, die mit landwirtschaftlichen Nutzflächen durchsetzt sind. Aber auch in menschlichen Siedlungsgebieten sind diese Vögel dort anzutreffen, selbst Städte werden von ihnen als Lebensraum ausgewählt und so ist der Madagaskarweber ein gewohntes Bild der Avifauna dieses Landes. Durch den Menschen wurde der Madagaskarweber aber auch auf vielen Inseln erfolgreich eingebürgert, wie den Komoren, Réunion, Mauritius, Rodrigues, den Seychellen, dem Chagos-Archipel, den Amiranten und auf St. Helena.

Außerhalb der Fortpflanzungszeit leben die Madagaskarweber in größeren Schwärmen. In diesen Konstellationen begeben sich die Vögel auf Nahrungssuche. Sie ernähren sich von verschiedenen Sämereien, wie den Samenständen der Rispenhirse oder der Lampenputzergräser. Zum Ärger der einheimischen Bauern fallen die Madagaskarweber aber auch in großen Schwärmen in die landwirtschaftlich genutzten Flächen ein und verursachen dort mitunter enorme Schäden. In einigen Reisanbaugebieten ernähren sich die Madagaskarweber vornehmlich von dieser Getreidesorte. Neben den Sämereien zählen aber auch Insekten, Spinnen und Blütennektar zum Nahrungsspektrum dieser Vögel.

Die Fortpflanzungsperiode erstreckt sich über die Zeit von September bis Mai. Aus den Schwärmen bilden sich die einzelnen Paare, die ab diesem Zeitpunkt ein zurückgezogenes Leben führen. Die Nester werden an unterschiedlichen Standorten aus Pflanzenfasern errichtet. So findet man die weniger kunstvoll errichteten Nester in Bäumen, an den Mittelrippen von Palmenblättern oder auch in Sträuchern. Bereits während der Nestbauphase wird der Neststandort von den Männchen als Revier vehement gegen Artgenossen aber auch anderen kleineren Vogelarten verteidigt. Das Gelege besteht zumeist aus 2 bis 4 Eiern, welche allein vom Weibchen über einen Zeitraum von 11 bis 14 Tagen bebrütet werden. Nachdem die Jungvögel geschlüpft sind beteiligt sich das Männchen an der Aufzucht des Nachwuchses. Die jungen Madagaskarweber verbringen noch etwa 15 bis 16 Tage im Nest, bevor sie es erstmalig verlassen.


Haltung

Meine Madagaskarweber verbringen die Winterzeit in einer Voliere mit daran angeschlossenem Schutzraum, gemeinsam mit Balistaren und 2 Paaren der ebenfalls auf Madagaskar heimischen Grauköpfchen. Da sich auch diese andere Vögel in diesem Winterquartier befinden wird der Schutzraum im Winter beheizt, so dass darin in der Regel Temperaturen von 5 bis 10° C vorherrschen. Im April eines jeden Jahres ziehen die Madagaskarweber dann in ihr "Brutrevier", eine Sommervoliere, um. Dabei handelt es sich um eine Freivoliere, die zu einem Drittel überdacht und in diesem Bereich von 3 Seiten geschlossen ist. Die gesamte Voliere hat eine Größe von 3 x 2 x 2 m (L x B x H). In dem nicht überdachten Teil dieser Unterkunft befinden sich einige Koniferen und auch ein Hartriegelgewächs, die ich ursprünglich als Nestbauplätze für die Weber vorgesehen hatte. In dieser Voliere bleiben meine Madagaskarweber dann bis zum Oktober. Allgemein haben sich meine Vögel als recht robuste und anpassungsfähige Tiere erwiesen, die mir gegenüber aber immer Scheu blieben.


Ernährung

Als Nahrung erhalten meine Madagaskarweber ein Samengemisch für Neophemen. Das ganze Jahr über aber auch kleinere Insekten, von denen Mehlwürmer wohl am liebsten verzehrt werden, und eine Fertigmischung für kleinere insektenfressende Vögel.

Von der Samenmischung wird relativ wenig gefressen. Aber die Insekten finden sofort größere Beachtung bei meinen Webervögeln, sobald diese bei der täglichen Fütterung in die Voliere gegeben werden. Gelegentlich wurde von meinen Madagaskarwebern auch das Obst angerührt, dass ich eigentlich für die Balistare im gemeinsamen Winterquartier vorgesehen hatte. Daraufhin habe ich den Webern auch in der Freivoliere verschiedene Obstsorten zum Verzehr angeboten. Sehr klein geschnittene Weintrauben und Äpfel befinden sich beispielsweise täglich in dem Napf mit den Lebendinsekten, andere Fruchtsorten werden ebenfalls abwechselnd angeboten. Hier muss man das Angebot aber nicht so verschwenderisch gestalten, denn von dem Obst wird ebenfalls nur sehr wenig verzehrt. Grüne Pflanzenteile sollten ebenfalls zum ständigen Nahrungsangebot zählen.


Vermehrung

Verschiedentlich wird angegeben, dass in Gefangenschaft gehaltene Vögel innerhalb von 4 Monaten bis zu 3 Bruten aufziehen können. Einige Paare unter den Madagaskarwebern können unter Umständen recht produktiv sein, bei meinen Tieren ist dieser Erfolg in diesem Umfang aber bislang ausgeblieben. Ich halte mein Paar Madagaskarweber seit dem Frühjahr 2011 und erhielt diese Individuen bereits als geschlechtsreife Vögel. Im April 2011 bezogen die Madagaskarweber bereits ihre Freivoliere. Den Webern wurde Nistmaterial in Form von Kokos- und Sisalfasern, aber auch langgewachsenem Heu zur Verfügung gestellt, das vom Weibchen auch ständig in die Koniferen und Sträuchern getragen wurde. Irgendwie wollte dem Weibchen der Nestbau aber in diesem Jahr nicht gelingen. Da das Weibchen das Nestmaterial immer wieder zur gleichen Stelle in einer Konifere trug, es dort offensichtlich aber nicht verbauen konnte, baute ich im gleichen Jahr genau an dieser Stelle noch eine Unterlage aus einem Drahtgeflecht. Diese Konstruktion sollte das in der Fertigstellung befindliche Nest stabilisieren. Der ersehnte Erfolg blieb im Jahr 2011 jedoch aus.

Im Jahr 2012 sollte dann diese Vermehrungserfolg in die Realität umgesetzt werden, allerdings kann der Mensch nur die grundlegenden Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vermehrung liefern, den Rest erledigen dann normalerweise die Vögel. So habe ich im Jahr 2012 zusätzliche Nisthilfen in den Sträuchern und Koniferen befestigt, in der Hoffnung, dass zunächst wenigstens der Nestbau vollständig abgeschlossen wird. Nistmaterial wurde reichlich angeboten, so dass es auch daran nicht liegen sollte. Wieder musste ich das Gleiche beobachten, wie bereits ein Jahr zu vor. Es wurde kein Nest fertiggestellt, folglich kein Ei gelegt und auch kein Jungvogel nachgezogen. Wie der Zufall es wollte teilte mir mein Freund Andy Fuchs aus der Schweiz mit, dass er auch mit seinen Madagaskarwebern das gleiche Problem hat. Bei ihm versuchten seine Weber an der seitlichen Maschendrahtabgrenzung immer wieder ein Nest zu bauen, was ihnen aber dort auch nicht gelang. In einer Zoohandlung kaufte Andy Fuchs sich dann 2 etwa 15 cm hohe aus Bast geflochtene Nisthöhlen, die rundherum geschlossen sind und nur nach vorn eine kleine Öffnung für den Einschlupf besitzen. Üblicherweise finden diese Nisthilfen in der Kanarienvogel- oder auch Prachtfinkenzucht Verwendung. Diese Nisthöhlen befestigte er genau an der Stelle, an der seine Madagaskarweber zuvor versuchten ein Nest zu errichten. Diese Überlegung führte zu dem Erfolg, dass seine Weber die Basthöhle innerhalb von 4 Tagen mit Nistmaterial ausgepolstert hatten und 8 Wochen später 2 Jungvögel in der Voliere umherflogen. Er fütterte seine Madagaskarweber nach dem Bau des Nestes zusätzlich mit kleinen Heimchen, Mehlwürmern, Pinkimaden und Drohnenbrut.

Im Jahr 2013 versuchte ich es auch auf diese Weise und befestigte insgesamt 3 solcher Bastnisthilfen an unterschiedlichen Stellen der Seitenwände ihrer Sommervoliere. Der Erfolg sollte nicht ausbleiben, insgesamt flogen 4 Jungvögel nach 2 erfolgten Bruten aus. Die selbständigen Jungvögel separierte ich nach dem Erreichen der Selbständigkeit, da das Männchen ihnen bei einem weiteren Brutversuch angegriffen hätte; die Revierverteidigung der Männchen erfolgt nämlich auch in Menschenobhut gegen jeden Störer in unmittelbarer Umgebung des Nestes.

Leider sind mir zum Brutgeschehen und deren Abläufe bislang keine eigenen Aufzeichnungen gelungen, da das Weibchen nur selten das Nest verließ und ich den einsetzenden Erfolg nicht gefährden wollte. Es ist aber anzunehmen, dass die Angaben anderer Autoren auch auf meine Vögel zutrafen, dass die Brutzeit 11 bis 14 Tage beträgt und es 15 bis 16 Tage dauert, bis die jungen Madagaskarweber schließlich das Nest verlassen.


Jörg Asmus, Kalmar (Schweden)


E-Mail
Anruf