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Steinbacher-Preis 2017

Wir, die Jury  des Steinbacher-Preises, freuen uns, in diesem Jahr wieder einmal den Steinbacher-Preis für eine in der Gefiederten Welt publizierten Arbeit vergeben zu können. 

Jörg Asmus und Herbert Witt: Saisonale Schnabelumfärbung bei Sonnenvögeln. Gefiederte Welt 140 (2016): H. 10, S. 16-19, H 11, S. 22-25.

Sie entspricht allen Anforderungen und liefert einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis einer tropischen und in der Haltung beliebten Vogelart: der Sonnenvogel Leiothrix lutea, der in Liebhaberkreisen noch immer vor allem unter seinem alten Namen "Chinesische Nachtigall" bekannt ist. 

Jörg Asmus aus Güstrow und Herbert Witt aus Hohen Neuendorf haben die Vögel in der Haltung über viele Jahre intensiv beobachtet und sind der Frage nachgegangen, welche Bedeutung kleine Änderungen im äußeren Erscheinungsbild der Vögel haben. Diese Art, die stets und in allen Veröffentlichungen als monomorph, also mit gleicher Färbung beider Geschlechter, bezeichnet wird, weist einige kleine Unterschiede auf, an denen erfahrene Vogelhalter die Geschlechter zu unterscheiden können meinen. Doch dem ist nicht unbedingt so, wie die Autoren in langjährigen Beobachtungen herausfanden. 

Um die kleinen Unterschiede in der äußeren Erscheinung der Vögel richtig zu deuten, werteten sie die in wissenschaftlichen Sammlungen, im Museum für Naturkunde Berlin und im British Museum (Natural History Museum) in Tring, Großbritannien, aufbewahrten Balgexemplare von Sonnenvögeln aus. Dabei achteten sie besonders auf die Schnabelfärbung und auf die Breite der hellen Endsäume auf den Oberschwanzdecken der Vögel. Sie berücksichtigten ihre Erfahrungen an Volierenvögeln und erarbeiteten sich ein Schema, nach dem sie die Vögel aus der Haltung ebenso wie die aus den wissenschaftlichen Sammlungen in vier (Schnabelfärbung) bzw. drei (Endsäume auf den Oberschwanzdecken) Kriterien einteilten und unterschieden streng nach den Herkunftsregionen der Vögel, die sich in fünf voneinander unterscheidbaren Unterarten widerspiegeln. 

Ihre Ergebnisse belegen, dass die Sonnenvögel weder in der Schnabelfärbung noch in der Breite der Endsäume auf den Federn der Oberschwanzdecken Hinweise auf die Geschlechterzugehörigkeit geben. Während letztere am besten als individuelles, zeitlebens unveränderliches Merkmal zu interpretieren sind, wiesen die Schnabelfärbungen bei allen Unterarten eine deutliche Saisonalität auf: während der Fortpflanzungsperiode von April bis Oktober dominierten Vögel mit roten Schnäbeln, während außerhalb dieser Monate die Vögel mal mehr und mal weniger große dunkle Anteile des Schnabels zeigten. Diese aus ihrer Volierenhaltung beobachteten Unterschiede fanden sie bei den mit Geschlecht und Datum bezeichneten Sammlungsstücken aus allen Herkunftsregionen sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Exemplaren wieder. Damit ist auch dieser morphologische Unterschied als Kriterium zur Unterscheidung der Geschlechter unbrauchbar, doch ist der rote Schnabel ein deutliches Merkmal in der Brutzeit wie wir ihn z.B. auch von unseren Amselmännchen kennen, die nur in der Fortpflanzungsperiode einen leuchtend orangefarbenen Schnabel haben.

Die von Jörg Asmus und Herbert Witt vorgelegte Studie ist ein schönes Beispiel dafür, wie Beobachtungen aus der Vogelhaltung zu wissenschaftlichen Untersuchungen anregen und einen Beitrag zum besseren Verständnis der Biologie von Vogelarten leisten können. Die Autoren haben damit eine Frage zur Variabilität von Vogelarten - hier Saisonalität, nicht Geschlechtsdimorphismus - beantwortet und einen wertvollen Beitrag zur Biologie einer eigentlich gut bekannten Vogelart geleistet.

Dr. Christoph Hinkelmann, Theo Kleefisch und Stephan M. Hübner

 

 

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