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Die Rostgans Tadorna ferruginea (Pallas, 1764)

Unter den Entenvögeln ist die Rostgans eine der farblich sehr ansprechenden Arten. In der zoologischen Systematik wird diese Spezies den Kasarkas (Tadorna) zugeordnet, die mitunter in der deutschsprachigen Literatur auch als Halbgänse Erwähnung finden. Die zur Gattung Tadorna zählenden Spezies weisen Merkmale von Gänsen und von Enten auf. Die lebenslange Paarbindung, die vorwiegend pflanzliche Ernährungsweise sowie der kaum erkennbare Geschlechtsdimorphismus zählen zu den Charakteristiken, die den gänseartigen Vögeln eigen sind. Das Gründeln der Rostgänse sowie die alleinige Bebrütung des Geleges durch das Weibchen sind wiederum Merkmale der entenartigen Vögel.

Ihre wissenschaftliche Bezeichnung erhielt diese Art im Jahr 1764 durch den deutschen Naturforscher und Geographen Peter Simon Pallas (* 22. September 1741 in Berlin; † 8. September 1811 in Berlin).  Die deutsche sowie auch die lateinische Bezeichnung für diese Spezies beziehen sich auf die rostbraune Gefiederfärbung dieser Vogelart.  

Wann die ersten lebenden Rostgänse durch den Menschen nach Europa gebracht worden sind  ist nicht dokumentiert; fest steht jedoch, dass Rostgänse als Ziergeflügel bereits im alten Ägypten und auch Griechenland geschätzt wurden. Freilandnachweise von Rostgänsen nördlich der Alpen gehen bis in das Jahr 1601 zurück und in der Gegenwart werden die in Europa vorkommenden Rostganspopulationen inzwischen den Neozoen zugerechneten. Man geht davon aus, dass diesen Entenvögeln durch das Handeln des Menschen der Einzug in die europäische Avifauna ermöglicht wurde, d. h. die Art konnte sich vornehmlich durch entwichene Gefangenschaftsvögel in einigen Gebieten Deutschlands oder auch der Schweiz ansiedeln.  Vornehmlich in der Schweiz stellt sich die Einbürgerung der dort regelmäßig zur Brut schreitenden Rostgans mittlerweile als schwierige Situation dar. Die während der Fortpflanzungszeit als aggressiv geltende Rostgans verdrängt andere Entenvögel aus ihrem Brutgebiet und wird so zu einem nicht zu unterschätzenden Konkurrenten für andere Arten.

In der Ziervogelhaltung findet die Rostgans derzeit nur gelegentlich Beachtung, denn die auch in der Gefangenschaft auftretenden Aggressionen dieser Vögel gegenüber anderen Spezies zwingen zu einer Einzelhaltung dieser Vögel. Auf größeren Teichanlagen ist aber auch die Rostgans außerhalb der Brutzeit nahezu problemlos mit anderen Arten zu vergesellschaften. Probleme ergeben sich dann jedoch nach dem Einsetzen der ersten Balzaktivitäten. Bei einer Einzelhaltung der Rostgänse sollte das Freigehege durch bauliche Vorkehrungen die Abwanderung dieser Gänse verhindern helfen, denn das Kupieren der Entenvögel ist ja bekanntlich seit vielen Jahren in Deutschland verboten; nur zoologische Einrichtungen erhalten für diesen Zweck mitunter eine Sondergenehmigung. Ein weiteres Problem kann sich durch die Stimmlaute der Rostgänse ergeben, die laut, trompetenähnlich klingen und unmelodiös sind, nachts vorgetragen werden und demzufolge durchaus zu Streitigkeiten mit Nachbarn führen können.


Beschreibung

Die Rostgans besitzt eine Körperlänge von 61 bis 67 cm. Bei einem Gewicht von 925 bis 1.640 g zählt diese Art zu den mittelgroßen Entenvögeln.

Das Brutkleid der Rostgans ist von Oktober bis Juni vorhanden. In dieser Zeit zeigen sich die Angehörigen beider Geschlechter in einer intensiv rostbraunen oder auch rostgelben Grundgefiederfärbung. Das Kopfgefieder ist etwas heller gefärbt und somit eher gelblichweiß beziehungsweise weißlich. Auch die Flügeldecken sind weißlich gefärbt, was allerdings häufig nur bei schwimmenden Rostgänsen an den Körperseiten als weißer Längsstreifen wahrgenommen werden kann. Auffällig wird dieser farbliche Unterschied jedoch erst bei fliegenden Exemplaren, wobei dann auch die schwarzen Schwungfedern ihr Übriges für diese kontrastreiche Erscheinung beitragen. Auch die Oberschwanzdecken, der Bürzel, der Unterrücken und die Schwanzfedern sind schwarz gefärbt; eine klare Abgrenzung der schwarzen Oberschwanzdecken zur rostbraunen Schulter ist nicht vorhanden, der Übergang dieser beiden Farbbereiche ist eher fließend. Auf der Flügelunterseite zeichnet sich ebenfalls wieder ein stark abgegrenzter Kontrast von weiß am vorderen Teil der Flügel und schwarz am hinteren Bereich des Flugapparats ab. Im Brutkleid besitzen die Männchen als Erkennungszeichen einen schmalen schwarzen Halsring, der den Weibchen fehlt. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal beider Geschlechter ist die Färbung der Augenumgebung, die beim Weibchen etwas heller in Erscheinung tritt sowie ein geringer Gewichtsunterschied von Männchen und Weibchen. Die Männchen sind im Durchschnitt etwas schwerer als die Weibchen.

Im Ruhekleid zeigen sich die Rostgänse ähnlich wie im Brutkleid; bei den Männchen ist der sonst schwarze Halsring nur angedeutet oder fehlt gänzlich. Das Mantelgefieder ist dann mit schmalen hellen Säumen versehen.

Die Rostgans besitzt einen schwarzen Schnabel und ebenfalls schwarze Füße. Dieser Vogelart ist ein sehr geschickter Flug eigen, der sie selbst im alpinen Gelände zu sehr guten Fliegern macht.


Heimat und Lebensweise

Das eigentliche Vorkommensgebiet der Rostgans erstreckt sich über die Steppen- und Halbwüstenzonen des Inneren Asiens, in denen diese Art salzhaltige Seen und Lagunen mitunter auch auf Hochplateaus besiedelt. Ihr Vorkommen reicht in Tibet bis in Höhenlagen von 5.000 m ü. NN, wo die Rostgans sogar zur Brut schreitet. Des Weiteren ist dieser Entenvogel auch im südöstlichen Teil Europas heimisch und bevölkert hier die Gegenden am Kaspischen Meer und weiter westlich bis zum Schwarzen Meer sowie den Süden der Ukraine. In Rumänien ist die Rostgans ein Brutvogel im wunderschönen Donaudelta. Einzelne Brutnachweise sind regelmäßig auch für Gebiete in der Türkei und Griechenland erbracht worden; als Heimatgebiet wird allerdings auch das nordwestliche Afrika angegeben.

Überwinterungsgebiete findet die Rostgans in der Nähe von Süßwasserseen oder Flussläufen in Nord- und Zentralindien, Bangladesch, Süd- sowie Ostchina, Taiwan und auch Korea. Selten hält sich die hier beschriebene Art an Küstengewässern auf.

Seit den 1960er Jahren kann die Rostgans auch in der Schweiz angetroffen werden und seit den 1980er Jahren sind auch vereinzelte Brutnachweise für das deutsche Territorium erbracht worden. Grund für diese Entwicklung sind vornehmlich beabsichtigte oder auch unbeabsichtigte Freilassungen von Gefangenschaftsvögeln, obwohl es, wenn auch nur sehr selten, bereits zu Wildvogeleinflügen nach Mitteleuropa kam. Dies erbrachte beweisträchtig ein Ringnachweis in Westpolen.

Rostgänse bevorzugen als Lebensraum offene Landschaften und sind vornehmlich dort anzutreffen, wo größere Vegetationsformen fehlen. Als Nahrung dienen diesen Vögeln Pflanzengrünteile und Samen der ufernahen Vegetation, sowie von Steppen- und auch Kulturpflanzen. Zur Nahrungsaufnahme entfernen sich die Rostgänse mitunter sehr weit von vorhandenen Gewässern und suchen auf Wiesen oder Feldern ihr Futter. Im flachen Gewässerbereichen nehmen diese Gänse ihre Nahrung auch gründelnd auf, wozu dann neben Wasserpflanzen, Schnecken, Kleinkrebse, Würmer und Insekten auch kleinere Fische und Amphibien zählen können.

Mit Beginn der Fortpflanzungszeit im März fangen die etwa zweijährigen Rostgänse an ihre großen Brutreviere zu verteidigen. Als Nistplätze werden Felsspalten, Erdhöhlen, Plateaus an Bergwänden oder auch verlassene Greifvogelnester ausgewählt. Das Nest besteht aus einer flachen Mulde, die nur mit wenig Pflanzenmaterial ausgelegt und mit Dunen ausgepolstert wird. Das Weibchen legt darin 8 bis 9 Eier und bebrütet das Gelege anschließend 28 bis 29 Tage allein. Während der Brutzeit hält sich das Männchen in der Nähe seines Weibchens auf, um sie und das Gelege gegen Feinde zu verteidigen. Kurze Zeit nach dem Schlupf der Küken werden diese zum Wasser geführt und dort von beiden Elternteilen im Familienverband aufgezogen. Später schließt sich dieser Verband jedoch bereits vorhandenen Rostgansgruppen an.


Haltung

Die Haltung dieser Entenvögel habe ich bereits andeutungsweise im einleitenden Text behandelt. Ich sprach anfangs von einer Einzelgehegehaltung bei den Rostgänsen, die sich wie folgt darstellen könnte. Einem Paar dieser Art sollte selbstverständlich eine hinreichend große Wasserfläche zur Verfügung gestellt werden; ebenfalls vorhanden sein sollte im dem Einzelgehege genügend Platz für die nicht seltenen Landaufenthalte dieser Vögel und eine Stallung, die der Übernachtung und auch der Überwinterung dienlich ist. Am besten man plant für ein Paar dieser Spezies eine Grundfläche von 100 m² für die gesamte Unterkunft ein, bestehend aus den oben aufgeführten Bereichen. Da es sich in der privaten Gefangenschaftshaltung um flugfähige Vögel handeln wird, wird eine Bespannung des oberen Gehegeabschlusses mit einem geeigneten Netz nicht zu umgehen sein. Beherbergt man mehrere Entenvögel in unmittelbarer Nähe zueinander sollte im unteren Bereich der Unterkunft der Rostgänse an eine Sichtbarriere gedacht werden, um die aggressiven Rostgänse nicht zu sehr von ihrem Brutgeschäft abzulenken.

Das dem natürlichen Lebensbereich künstlich nachempfundene Gewässer sollte nicht zu tief sein, um den Rostgänsen auch das Gründeln zu ermöglichen. Eine Rasenfläche sollte den Tieren für ihren Landaufenthalt zur Verfügung stehen.

Bei den Rostgänsen handelt es sich um sehr robuste Vögel, die ihre Widerstandskraft bereits durch die Ansiedlung in mitteleuropäischen Gebieten unter Beweis gestellt haben. Sie gelten als winterhart. Zur Überwinterung genügt ihnen eine Stallung, die sie nach Belieben aufsuchen können und die ihnen Schutz vor eisigen Winden bieten sollte.


Ernährung

Die Fütterung der Rostgänse stellt sich relativ einfach dar. Im Grunde setzt sich die Nahrung unserer Gehegevögel aus einem Mischfutter, Entenpellets mit hohem Eiweißanteil, Grünfutter, Wasserlinsen, Garnelenschrot und Fischstückchen zusammen.

Das Mischfutter kann folgendermaßen zusammengestellt werden: 50 Prozent Getreidekörner, bestehend aus Weizen und Gerste, etwa 25 Prozent gekörntes Legemehl, genauso viel gekörntes Alleinfutter für Zuchtgänse und etwa 1 Prozent Muschelkalk. Im Fachhandel ist ein schwimmfähiges Erhaltungsfutter für Wasserziegeflügel aller Art erhältlich, davon sollte den Rostgänsen ebenfalls regelmäßig ausreichend angeboten werden. Dazu sind auch die erwähnten Entenpellets zu zählen.

Nicht zu vernachlässigen ist das Angebot von Grünfutter für die Rostgänse. Wiesengräser, Luzerne, Rotklee, Hahnenfuß, Blatt- und Feldsalat sind hierbei insbesondere zu erwähnen. Wasserlinsen sind auch für diese Entenvögel ein absoluter Leckerbissen.

Wasserinsekten und deren Larven, Würmer, Schnecken, kleinere Fische und sonstige animalische Kost können ebenfalls regelmäßig verabreicht werden.


Vermehrung

Die Vermehrung der Rostgänse gelingt auch in Menschenobhut ohne größere Probleme. Die Geschlechtsreife tritt bei dieser Art im zweiten Lebensjahr ein. Als Nistplatz wählen diese Entenvögel größere Nisthöhlen, Hütten oder auch eine ruhige Stelle im Schutzraum. Manchmal schon Ende Februar zeigen die Rostgänse dann ein gesteigertes aggressives Verhalten und im März beziehungsweise April legt das Weibchen in zweitägigen Abständen die Eier. Ein vollständiges Gelege besteht aus bis zu 10 Eiern, selten werden mehr Eier gelegt. Das Weibchen übernimmt allein die Bebrütung des Geleges. Sofern es nicht gestört wird brütet das Weibchen fest und zuverlässig. Die Zeitdauer bis zum Schlupf der Küken beträgt zwischen 28 und 29 Tagen. Während der Brut hält sich das Männchen immer in der Nähe des brütenden Weibchens auf; es hält dort Wache und vertreibt jeden Eindringling sofort sehr intensiv. Nach dem Schlupf der Jungvögel werden diese zum Wasserbecken geführt. Auch anschließend sind beide Paarpartner sehr aufmerksam mit der Betreuung ihres Nachwuchses beschäftigt.

Die Befiederung der Jungvögel beginnt in der dritten Lebenswoche an den Schultern und Flanken. Bereits nach 7 bis 8 Wochen sind die jungen Rostgänse flugfähig und mit 8 bis 9 Wochen selbständig. Danach setzt dann schließlich die Jugendmauser ein.


Jörg Asmus, Kalmar (Schweden)


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